Energietisch Dessau

Bürgerschaftliche Initiative für den Klimaschutz

echter Ökostrom

Ökostrom macht uns zukunftssicher. Er wird immer wichtiger, da die Nachfrage nach Energie steigt und wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern müssen. Mit dem Ausbau der Anlagen haben wir die Chance unsere Wertschöpfungskette von Energie hier vor Ort zu binden. Treiben wir die Energiewende voran, damit lang- und mittelfristig alle gemeinsam in den Genuss von günstigem Strom kommen! Zusätzlich zu den ökologischen und wirtschaftlichen Vorteilen leistet Ökostrom auch einen wichtigen Beitrag zur Souveränität unserer Stadt und unseres Landes. Indem wir unsere eigene Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen sicherstellen, sind wir weniger anfällig für künftige wirtschaftliche und politische Turbulenzen.

Die Zusammenfassung:

Immer mehr Verbraucher entscheiden sich bewusst für die Nutzung von Ökostrom. Der Bezug von Ökostrom muss zum Ziel haben, dass die Ökostromerzeugungskapazitäten entsprechend erhöht werden. Leider bieten unsere Stadtwerke so einen Ökostromtarif nicht an. Eine bloße Verschiebung der Strommengen auf dem Papier – nach dem Motto: Sie bekommen den „Ökostrom“, andere Kunden dafür entsprechend mehr „Dreckstrom“ – hilft der Umwelt nicht und ist nicht einen Cent Mehrpreis wert. Um den berechtigten Vorwurf eines Ökostrom-Schwindels zu entkräften und umweltbewusste Kunden zu gewinnen, ist es entscheidend die Zusätzlichkeit der Ökostromerzeugung zu gewährleisten. Seriöse Ökostromlabels verlangen den Nachweis dieser Zusätzlichkeit. Ein reiner Herkunftsnachweis ohne diese Zusätzlichkeit ist dagegen wertlos. Die Stadtwerke sollten sich verpflichten, die Mehreinnahmen aus ihrem Ökostromtarif direkt in neue energieerzeugende Anlagen vor Ort zu investieren. Die Eigenbetriebe der Stadt werden Kunden dieses Ökostromtarifes und fördern somit den Ausbau der Unabhängigkeit der Stadtwerke Dessau.

Die Begriffsklärungen:

Ökostrom, Naturstrom oder Grünstrom sind keine geschützten Bezeichnungen und es gibt keine einheitliche Definition des Begriffs. Entsprechend unterschiedlich können Ökostromtarife sein. Wie ökologisch sinnvoll der Bezug von Ökostrom tatsächlich ist, hängt stark von den Tarifoptionen der Stromanbieter ab. Allen gemeinsam ist, dass sie Ökostrom aus 100 % erneuerbaren Energien anbieten.

Unter Graustrom (polemisch auch: Dreckstrom oder Egalstrom) versteht man elektrische Energie unbekannter Herkunft. Graustrom enthält Energie aus fossilen Energieträgern und Kernkraftwerken, kann aber auch Strom aus erneuerbaren Energiequellen ohne Herkunftsnachweis enthalten.

Der Gesamtstrommix enthielt in Deutschland im letzten Jahr 44% Ökostrom.

Das Problem:

Ökostrom sollte nur dann so genannt werden, wenn er aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Leider versteht sich das nicht von selbst, denn die Stromanbieter können Herkunftsnachweise für Ökostrom aus dem Ausland einkaufen und damit gewöhnlichen Graustrom an der Strombörse als 100 % Ökostrom verkaufen. Bietet ein Stromversorger sowohl Ökostrom als auch Graustrom an, bedeutet dies in der Regel, dass es aus ökologischer Sicht keinen Unterschied macht, ob ein Verbraucher von diesem Anbieter Ökostrom oder Graustrom bezieht. Dies liegt daran, dass dem Verbraucher bei Ökostrombezug – für einen meist höheren Preis – auf dem Papier ökologisch günstigere Kraftwerke zugeordnet werden, dass dadurch aber die Zusammensetzung des Graustroms für alle anderen Verbraucher entsprechend ungünstiger wird, weil sich am gesamten Strommix des Anbieters nichts ändert. Das Problem lässt sich vermeiden, wenn der Anbieter die Zusätzlichkeit der Ökostromerzeugung nachweist. Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass er den Bau neuer Anlagen aktiv fördert – etwa mit einem festen Betrag pro Kilowattstunde. Auf der sicheren Seite ist der Verbraucher jedoch, wenn er einen Anbieter wählt, der ausschließlich Ökostrom verkauft. (Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass dazu aus rein physikalischer Sicht das Kraftwerk ganz in der Nähe des Verbrauchers seinen Ökostrom herstellen muss, da der Strom sich immer den kürzesten Weg durch das Netz sucht.)

Kunden der Stadtwerke Dessau haben zwar die Möglichkeit, einen Naturstromtarif zu wählen, der ökologische Nutzen und der direkte Beitrag zur Energiewende scheinen aber nicht besonders groß zu sein, denn es lässt sich der Verdacht nicht ausräumen, dass hier für den Kunden lediglich Strom umetikettiert wird. Es heißt: „garantiertes Ökostromprodukt durch die Zertifizierung mit dem First Climate-Gütesiegel“ https://www.dvv-dessau.de/produkte/dessau-strom/

Die Vertreiberfirma First Climate Markets AG schreibt selbst auf ihrem Internetauftritt über sich: „First Climate verfügt über langjährige Erfahrung beim Handel mit internationalen Grünstrom-Herkunftsnachweisen. Wir arbeiten eng mit RECS International zusammen, dem Zusammenschluss der wichtigsten Marktteilnehmer in diesem Bereich. […]Grünstrom-Herkunftsnachweise – der einfachste Weg zu sauberem Strom: […] Mit unserem Partnernetzwerk internationaler Energieerzeuger liefern wir Ökostrom auf Basis von Grünstrom-Herkunftsnachweisen ganz bedarfsgerecht, in allen gängigen Qualitäten und zu besonders attraktiven Konditionen. […] Für die meisten Unternehmen ist der Kauf von Herkunftsnachweisen (engl. = Energy Attribute Certificates – EACS) die einfachste und kosteneffizienteste Lösung, um energiebedingte Treibhausgasemissionen schnell und einfach zu senken.“ https://www.firstclimate.com/gruenstrom-herkunftsnachweise

RECS bzw. EACS ist dabei kein Ökostrom-Siegel, sondern zertifiziert die Produktion und den Handel mit Strom – es ist ein Herkunftsnachweis für Strom aus erneuerbaren Quellen, also auch beispielsweise aus Wasserkraftwerken, die bereits seit vielen Jahren in Betrieb sind. Für jede produzierte Kilowattstunde erhält der Kraftwerksbetreiber ein RECS-Zertifikat ausgestellt, das dem Strommarkt zur Verfügung gestellt wird. Stromhändler, die eigentlich grauen Massenstrom liefern, können diese preiswerten RECS-Zertifikate kaufen und ihren Atom- oder Kohlestrom damit umlabeln – und als „Ökostrom“ ihren Ökokunden verkaufen, obwohl weiterhin fossiler Strom geliefert wird. Im Gegenzug erhält der im Wasserwerk eigentlich umweltfreundlich erzeugte Strom jetzt ein Graustrom-Etikett.

Da die Stadtwerke ein Stromversorger sind, der sowohl Ökostrom als auch Graustrom anbietet, muss man davon ausgehen, dass es aus leider aus ökologischer Sicht keinen Unterschied macht, ob ein Kunde Naturstrom oder Graustrom bezieht. Es ist nicht auszuschließen dass dem umweltbewussten Kunden im Tarif „Dessau-Strom-Natur“ für den Mehrpreis lediglich auf dem Papier ökologisch günstigere Kraftwerke zugeordnet werden, dass dadurch aber die Zusammensetzung des Graustroms für alle anderen Verbraucher entsprechend ungünstiger wird, weil sich am gesamten Strommix der Stadtwerke nichts ändert. Dieses Problem wird vermieden, wenn die Stadtwerke die Zusätzlichkeit der Ökostromerzeugung nachweisen oder gar komplett und ausschließlich Ökostrom herstellen würden.

(Der Vollständigkeit halber sei hier auch aufgeführt dass derzeit ein Teil der Mehrausgaben des Kunden dem Bergwaldprojekt e. V. zugute kommen, der überall in Deutschland Naturschutzaktionen durchführt. Laut TÜV-Zertifikat vom 21.6.2023 garantiert die Produktvariante „Naturstrom Wasser und Wald“ einen Förderbeitrag von 2Ct/MhWh bzw. mind. 250€ p.a./Kunde für den Bergwaldprojekt e.V. Dabei flossen 43% der Ausgaben des Vereins im Jahr 2020 in einzelne Naturschutzprojekte.) https://de.wikipedia.org/wiki/Bergwaldprojekt // https://www.firstclimate.com/gruenstrom-naturstrom-komplettpakete?lightbox=dataItem-l50uxq2b

Die Idee:

Für die Stadtwerke ist daher der Tarif „Dessau-Strom-Natur“ tatsächlich klimafit zu machen. Lassen wir die Zertifizierung weg und das stecken das eingesparte Geld gemeinsam mit 0,5ct/kWh (besser: 1ct je verbrauchter Kilowattstunde) direkt in neue Anlagen regenerative Energien (deren Investition ggf. sonst kommerziell nicht ganz so attraktiv erscheint). Zusätzlich kann im zweiten Schritt auch über Direktvermarktungsmodelle von Ökostrom nachgedacht werden.

Ein jährlicher Transparenzbericht der Stadtwerke an alle Kunden per E-Mail, der Investitionen und Erträge dieser und aller anderen Anlagen Erneuerbarer Energien der Stadtwerke, Kundenanzahl des Tarifs, Gesamtverbrauch der Ökostromkunden sowie die Verwendung der Mehreinnahmen durch den neuen Tarif aufführt.

Oder (wenn dies zu kompliziert erscheint) sich um das OK-Power-Label bemühen, denn hier wird geprüft, ob zusätzlich durch die Verbraucher in den Ausbau der Erneuerbaren Energien investiert wird.

Außerdem werden sämtliche städtischen Eigenbetriebe medienwirksam Kunde dieses Stromtarifs: Die finanziellen Mehrausgaben sind überschaubar und v.a. nachvollziehbar, denn die Mehrausgaben der Eigenbetriebe verbleiben in der Stadt. Es werden mehr Anlagen Erneuerbarer Energien installiert, die mehr Ökostrom ins Netz geben, welches mittelfristig den Strom für alle günstiger macht und ein wirtschaftlicher Vorteil ist. Zudem werden weitere potentielle neue Privatkunden gewonnen, die zuvor auf „echten“ Ökostrom bestanden haben und diesen nun auch von den Stadtwerken bekommen können und dabei jetzt gleichzeitig ihre auch ihre Stadt bzw. Region unterstützen. Die Umsetzung dieses Tarifs könnte mit der Abnahme durch die Eigenbetriebe einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des European Engergy Award leisten, welchen die Stadt beim letzten Mal nur noch knapp erreichen konnte. Außerdem sollte den Stadtwerken nahegelegt werden, dass sie die Option Ökostrom als neuen Standard einrichten: Studien haben gezeigt dass die Energiewende schneller gelingen würde, wenn alle Bewohner einer Stadt „grünen Strom“ als Standardoption von ihren Stadtwerken als Grundtarife angeboten bekommen. https://www.ee-news.ch/de/erneuerbare/international/article/45788/default-effekt-haushalte-und-unternehmen-fragen-mehr-erneuerbaren-strom-nach-wenn-er-standardmassig-angeboten-wird

Unsere Verbrauchertips – Sommer 2022

Normalerweise liegt es uns fern, irgendwelche Verbrauchertipps zu geben, das können andere besser als wir. Jedoch möchten wir im Zeichen einer aufkommenden Energiekrise dem mündigen Bürger ein paar kleine und große Optionen aufzeigen – von uns nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen –  damit Sie in Ihrer Wohnung oder Ihrem Haus auch künftig gut über den Winter kommen.

Durch die Gasknappheit wird nicht nur das Heizen teurer, denn durch die hierzulande übliche Gasverstromung kommt es auch zum deutlichen Anstieg des Strompreises. Bitte rechnen Sie im kommenden Winter mit einer drei bis viermal höheren Gasrechnung gegenüber dem Vorjahr und versuchen sie entsprechend finanzielle Rücklagen dafür zu bilden.

Der Strompreis wird sich dank der preisgünstigen erneuerbaren Energien, die zu 41% dem deutschen Strommix beitragen, nicht ganz so stark erhöhen: Rechnen Sie erst einmal mit einer Verdopplung Ihrer Stromkosten, das liegt insbesondere an der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern.

Der Gasverbrauch in Deutschland teilt sich etwa zur Hälfte zwischen Industrie und Privathaushalten auf. Um im Eigenheim auf die steigenden Energiepreise kurzfristig mit Gegenmaßnahmen zu reagieren, empfehlen wir an der Anlage die Heizkurve anzupassen, denn die meisten installierten Heizanlagen laufen im Standardbetrieb im Komfortmodus, der noch reichlich Einsparpotential bietet. Wenn Sie vor dem Winter noch einen Handwerker bekommen, machen Sie an Ihrer Heizungsanlage für wenige hundert Euro einen hydraulischen Abgleich; den bekommen Sie zur Zeit zu 20% finanziell gefördert.

Mittelfristig sollten Sie in Ihrem Heim über eine möglichst große Photovoltaikanlage auf Ihrem Dach und/oder an Ihrer Fassade nachdenken. Fangen Sie mit den Überlegungen und Planungen lieber früher als später an, denn die Wartezeiten betragen aufgrund der gestiegenen Nachfrage, den Lieferengpässen und dem Fachkräftemangel derzeit viele Monate. Das sog. Osterpaket zur Förderung der erneuerbaren Energien ist beschlossen. Die Vergütungssätze für die Teileinspeisung und Volleinspeisung von Solarstrom ins Netz werden deutlich angehoben. Zur Vermeidung von abwartendem Verhalten gelten die erhöhten Einspeisevergütungen ab sofort. Das Gesetz enthält nun einen neuen, separaten und noch einmal deutlich höheren Vergütungssatz für Solaranlagen, die in einem Kalenderjahr den gesamten Strom ins Netz einspeisen. Diese sog Volleinspeiser, die also ihren selbst erzeugten Strom nicht zum Eigenverbrauch nutzen können oder wollen, bekommen als Anreiz, dennoch in eine Photovoltaikanlage zu investieren, eine noch einmal etwa 50% höhere Einspeisevergütung als diejenigen, die ihren erzeugten Strom teilweise selbst nutzen. Mit dieser eigenständigen Säule sollen Anreize zur Vollbelegung von Dachflächen gesetzt werden und eine Alternative für Fälle geschaffen werden, in denen Eigenversorgung im Rahmen der bekannten Eigenverbrauchsmodelle (noch) nicht möglich oder wirtschaftlich genug ist, weil z.B. Wärmepumpe oder Elektromobilität zu einem späteren Zeitpunkt im Haushalt Einzug erhalten sollen und dabei solange auf eine immer noch relativ kostenintensive heimische Batteriespeicherlösung verzichtet werden kann.

Mittel-bis langfristig sollten Sie Ihr Heizsystem auf regenerative Energiequellen umstellen. Es empfiehlt sich meist auf Wärmepumpentechnik umzusteigen bzw. Ihre noch tüchtige Gasheizung im Hybridbetrieb mit einer Wärmepumpe ergänzen. Entgegen der vorherrschenden Meinung, ist für den sinnvollen Betrieb einer Wärmepumpe eine Fußbodenheizung auch im Altbau nicht zwingend notwendig. Bitte prüfen sie ggf. auch die Möglichkeiten einer verbesserten Wärmedämmung in Ihrem Heim.

Welche Sofortmaßnahmen Sie zur Dämmung und Einsparung umsetzen können, führen wir auch für die Wohnungsmieter im Folgenden auf, denn Heizkurvenanpassung und Dämmung sind in Mietwohnungen für Mieter eher schwierig anzugehende Vorhaben. Aber auch schon Wärmereflexionsfolie hinter den Heizkörpern können beim Sparen helfen. Entlüften Sie Ihre Heizkörper zu Saisonbeginn und Stoßlüften Sie nur zweimal täglich intensiv, halten Sie sonst Fenster und Türen in der Heizperiode geschlossen. Die konsequente Raumtemperaturabsenkung auf 18 oder 19 Grad in Verbindung mit einer Zusatzmöglichkeit zur punktuellen Raumtemperaturerhöhung in häufig genutzten Räumlichkeiten wird ihre Heizkosten enorm senken, wenn Sie es richtig machen. Auch wenn wir als Verein den Einsatz von elektrischen Direktheizungen kritisch sehen, weil die Gefahr von Stromengpässen im Winter ansteigt, verweisen wir dennoch notfalls auf eine Infrarotheizpaneele, die punktuell für eine bedarfsorientierte Raumtemperaturerhöhung sorgt. Diese Infrarotheizgeräte haben einen günstigen Anschaffungspreis und einen hohen Wirkungsgrad, nahezu 100% der Elektroenergie werden in Wärme umgesetzt. Abhängig von der Leistung werden Neugeräte ab 80 Euro angeboten. Der Vorteil an Infrarotheizungen ist, dass sie wartungsfrei sind und durch ihre Eigenschaft ein gewohntes Wärmegefühl vermitteln, ohne die ganze Raumluft aufzuheizen Denn im Gegensatz zum Heizlüfter wirkt die Strahlungswärme auf feste Körper, wie Möbel oder Menschen ein, so wie unsere Sonne es tut. Infrarotheizungen sind sparsam und auch günstig, wenn man diese Geräte gezielt nur dort nutzt, wo man sie im Moment benötigt. Wichtig ist also, dass das Infrarotheizgerät wirklich nur dann eingeschaltet ist, wenn sich eine wärmebedürftige Person im Wirkungsfeld des Gerätes befindet. Hier bieten sich besonders mobile Lösungen an, die schnell und einfach in der Wohnung dorthin umziehen können, wo sie grade gebraucht werden.

Um den höheren Stromverbrauch und die höheren Strompreise übers Jahr etwas abzufedern,sollten Sie ferner über Anschaffung und Betrieb eines Balkonkraftwerks nachdenken. Hierbei handelt es sich um genehmigungsfreie Photovoltaik-Kleinstkraftwerke, die aus einem oder zwei Solarmodulen bestehen, die in Ihre Haushaltssteckdose gesteckt, den Stromzähler langsamer laufen lassen. Somit kann der Grundverbrauch von Kühlschrank, Gefriertruhe und sonstigen Geräten im Dauerbetrieb abgedeckt werden. Je nach Leistung, Größe und Modulanzahl kosten diese Kleinstanlagen im Komplettset zwischen 400 und 1800 Euro. Entgegen der landläufigen Meinung müssen diese Anlagen auch nicht zwangsläufig durch einen Fachmann angeschlossen werden. Varianten, die direkt in die Wandsteckdose gesteckt werden, sind zwar nicht „normkonform“ aber ebenfalls zulässig. Diese Art von Anlagen sind besonders einfach und schnell installiert, da zuvor keine Wieland-Steckdose angebracht werden muss. Sollten Sie sich bei dieser nicht normkonformen Anlage Sorgen um Ihre Sicherheit machen, können Sie einfach einen Personenschutzschalter und/oder eine zusätzliche Sicherung zwischenschalten. Eine wasserresistente Variante eines FI-Schutzschalters, die Sie zuvor in die entsprechende Steckdose stecken, kostet ca. 20 Euro. Experten der Verbraucherzentrale halten den Betrieb von Balkonkraftwerken mit einfachen Schuko-Steckern ohne zusätzliche Absicherung für sicher, wenn es sich bei dem Kleinstkraftwerk um einen normkonformen Wechselrichter mit NA-Schutz handelt. Rund um Anschluss und Anmeldung der Mini-PV-Anlagen gibt es viele Gerüchte und Unwahrheiten, doch lassen Sie sich nicht davon abbringen. Auch die Anmeldung ist tatsächlich nur eine kurze Anmeldung, die Sie beispielsweise per e-Mail an Ihren Versorger senden. Sie brauchen keine Genehmigung. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass je mehr Instanzen (Bauamt, Vermieter, Grundversorger) Sie um Erlaubnis fragen, Sie eine negative Antwort bekommen können. Wenn Sie die Anlage so montieren, dass diese rückstandslos entfernt und abgebaut werden kann, handelt es sich auch keinesfalls um eine bauliche Veränderung auf Ihrem Balkon oder Terrasse.

Unabhängig davon ob Sie ein Balkonkraftwerk betreiben wollen, können Sie sich mit anderen Parteien in ihrem Wohnhaus zusammenschließen um langfristig zu versuchen gegenüber dem Vermieter den Bau einer Mieterstromsolaranlage zu veranlassen.

Abschließend finden Sie hier noch einmal die weiterführenden Links zur Vertiefung der einzelnen Themen als Übersicht:

Energiepreiskrise – Informationen und Beratungsangebote der Verbraucherzentrale

https://www.verbraucherzentrale.de/energiepreise

Hohe Preise für Gas und Benzin: Die 24 besten Energiespartipps

Geld sparen beim Gas: Tipps vom Heizungsbauer

https://www.br.de/nachrichten/bayern/tipps-vom-heizungsbauer-so-sparen-sie-geld-beim-gas

Hinweise zum hydraulischen Abgleich von der Verbraucherzentrale

https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/energie/heizen-und-warmwasser/hydraulischer-abgleich-macht-ihre-heizung-effizienter-30110

Wärmepumpen-Lösungen für einen Altbau vom Fachmedium über Energieeffizienz

https://www.energie-experten.org/heizung/waermepumpe/einsatz/altbau

Youtube-Video über richtiges Heizen: In 13 Schritten Geld und Energie sparen

Unterschiede zwischen Infrarotheizung und Infrarotstrahler – Vor- und Nachteile erklärt

Eine detaillierte Zusammenfassung über Balkonkraftwerke

https://www.homeandsmart.de/balkonkraftwerk-was-ist-das

weiterführende Hinweise zum Mieterstrommodellhttps://erneuerbare-energie.de/nachhaltige-energien/solarenergie/photovoltaik/mieterstrom/

Umweltverbände in Dessau-Roßlau begrüßen Kooperation von Stadt und UBA. Die Vision einer Umweltstadt könnte Basis der Zusammenarbeit werden.

Dessau-Roßlau, 14.04.2021

Der Umweltstammtisch Dessau-Roßlau begrüßt die Kooperation zwischen der Stadtverwaltung und dem Umweltbundesamt (UBA). Wir schlagen vor, diese Zusammenarbeit mit der Vision für eine Umweltstadt zu verknüpfen. Dessau-Roßlau sollte die vorhandenen Potentiale nutzen und sich als Modellstadt für eine umwelt- und klimagerechte Entwicklung in Position bringen.
Immer mehr Menschen bekommen hautnah die Folgen zu spüren, die der Klimawandel und der Raubbau an unseren natürlichen Lebensgrundlagen mit sich bringen. Dessau-Roßlau ist durch seine Lage an zwei Flüssen und im mitteldeutschen Trockengebiet besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen. In der Dürre der letzten Jahre starben hunderte Stadtbäume, die eigentlich kühlen Schatten spenden sollen.
Stephan Marahrens, Vertreter des ADFC beim Umweltstammtisch: „Die angekündigte Kooperation von Stadt und Umweltbundesamt ist 15 Jahre nach dem Umzug der Behörde nach Dessau mehr als überfällig. Das UBA verfügt als wissenschaftliche Bundesbehörde in seinem Auftrag über begrenzte Möglichkeiten, sich in Dessau-Roßlau zu engagieren. Wir sollten daher jede Chance nutzen, um den neuesten Stand des Wissens und der Forschung in konkreten Projekten hier vor Ort zu bündeln und die Lebensqualität der Stadt zu verbessern. Die frischgebackenen Partner sollten nun die notwendigen Ressourcen aufbringen, um die geplante Kooperation dauerhaft mit Leben zu füllen.“
Heike Brückner, Vertreterin für die Urbane Farm beim Umweltstammtisch: „Die Umweltverbände beteiligen sich gern als aktive Partner an der Kooperation von Stadt und UBA. Die Liste möglicher Themen ist lang: Ausbau erneuerbarer Energien, Mobilität, klimaneutrales Bauen, nachhaltiger Konsum, städtische Grünräume… Dafür bringen wir gute Ideen und Erfahrungen aus vielen Projekten vor Ort mit. Dort zeigen wir, dass Umweltschutz Spaß macht, Sinn stiftet und unsere Stadt schöner, vielfältiger und lebenswerter macht. Und wir zeigen, wie die Menschen ganz konkret vom Umwelt- und Klimaschutz profitieren können.“
Die Umweltstadt als Kernthema für die Stadtentwicklung der Zukunft bietet neue Chancen für das Stadtmarketing. Viele junge Menschen fühlen sich von solchen Themen angezogen. Dessau-Roßlau kann sich als Standort für Forschungseinrichtungen und grün wirtschaftende Unternehmen profilieren, die aus den Ideen von heute die Produkte und Jobs von morgen machen. Eine Beteiligung der Stadt an der aktuellen europäischen Initiative „Neues Europäisches Bauhaus“ an der Schnittstelle zwischen Kunst, Kultur, Gesellschaft, Wissenschaft und Technologie fügt sich nahtlos in diese Ambition ein.
Als Heimat von Fürst Franz und seinem Gartenreich und als Bauhaus-Stadt war Dessau-Roßlau ein Ort für wegweisende Reformen, die weit über die Stadt hinaus Früchte trugen. Wir werben dafür, in Zeiten des Klimawandels mutig und selbstbewusst an diese Tradition anzuknüpfen. Klima- und Umweltschutz sind keine Bremsklötze, sondern Motoren für den Weg in eine nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsweise.

Im Umweltstammtisch Dessau engagieren sich aktuell:

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V. (ADFC)
Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Energietisch Dessau e.V.
Fridays For Future Dessau
Bio- und Regionalmarkt Lidice-Platz, REBINO e.V.
Urbane Farm Dessau
Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD)

Kommentar MZ-Artikel 29.08.2020 „Voller Energie“

Volle Energie?

Gemeinsamer Kommentar vom Energietisch Dessau und ADFC Regionalverband Dessau

Als halbwegs engagierte Mitstreiter für eine Energie- und Verkehrswende in Dessau-Roßlau sind der Energietisch und der ADFC Dessau erstaunt über die jüngste Öffentlichkeitsarbeit der Stadtverwaltung in Sachen Klimaschutz. Unter der Überschrift „Volle Energie“ listete der Beitrag Errungenschaften für Klimaschutzaktivitäten, die bei ehrenamtlichen Akteuren den Eindruck entstehen, dass hier etwas übertrieben wird. Halbstündige Beleuchtungspausen für den Rathausturm, vor vielen Jahren auf Erdgasbetrieb umgestellte Stadtbusse, Fahrradständer am Hauptbahnhof und die zweite grüne Hausnummer der Stadt werden als klimapolitische Erfolge gefeiert? Wow. Weiter steigende Anteile  beim motorisierten Individualverkehr und das glückliche Geschenk einer erneuten Zertifizierung mit dem European Energy Award drängen den Eindruck auf, dass hier jemand ein X für ein U vormachen möchte.

Kein Wort darüber wann der Posten des Klimaschutzmanagements besetzt wird. Kein Wort darüber, was denn substanziell in einem neuen Klimaschutzkonzept stehen könnte, bspw. bis wann Dessau-Roßlau aus den fossilen Brennstoffen faktisch ausgestiegen sein möchte, oder mit welchen Maßnahmen der Radverkehr wieder Vor-Wende-Niveau erreichen soll. Stattdessen möchte man kommunale Liegenschaften mit ‚Ökostrom‘ *  beliefern. Mit voller Energie müsste vielmehr an Konzepten zur Anpassung an die Klimafolgen gearbeitet werden – dessen Bedarf wir inzwischen buchstäblich täglich sehen und spüren. Stattdessen Projekte, die fragwürdigen nutzen haben, zweifelsohne aber toll klingen: „Smart Lightning“!?

Wir sind weiterhin gespannt und sparen unseren Applaus bis zu dem Tag an dem messbare Maßnahmen des Energiepolitischen Arbeitsprogramms mit Mitteln und konkreten Zeithorizonten im städtischen  Haushaltplan  stehen.

Zwei Meldungen zum Schluss: 1. Der Radverkehrskongress des Oberbürgermeisters kann in diesem Jahr nicht stattfinden, die Europäische Mobilitätswoche sehr wohl. 2. Stadtradeln könnte terminlich klappen, wenn wir heute anmelden und mit voller Energie ab Morgen „Stadtradeln“: Auf die Fahrräder fertig los!

*Was ist ‚Ökostrom‘? Die Absicht, die kommunalen Liegenschaften auf Ökostrom umzustellen ist wohlfeil aber klimapolitisch nicht wirklich zielführend. ‚Ökostrom‘ ist heute der Kauf von Zertifikaten emissionsfreier Wasserkraftwerke in Österreich, Schweden und Norwegen. Der Strom-Händler bezahlt für dieses Zertifikat 0,2 bis 0,5 Cent/kWh an den Betreiber des Wasserkraftwerks und darf so seinen Strom-Kunden hierzulande erklären: sie erhalten ‚Ökostrom‘. Wegen dieses geringfügigen Preises gibt es auch kaum Preisunterschiede, wenn der ‚Ökostrom‘ mit dem Normalstrom verglichen wird. Emissionsfreie Kraftwerke, die Vergütung nach dem EEG erhalten, dürfen an diesem Zertifikate Handel nicht teilnehmen. Berechtigte Kraftwerke dürfen ihren emissionsfrei erzeugten Strom normal verkaufen, nur nicht mehr ausdrücklich als Ökostrom.

Modellprojekt PV-Ausbau in der Stadt zur Bereitstellung von bis zu 90 % regenerativem Strom in 2030

Auch in Zeiten der COVID-19-Pandemie bleibt die Herausforderung bestehen, die Temperaturvorgaben des Pariser Klimaschutz-abkommens auf unter 2°C – besser unter 1,5°C – einzuhalten, auch und erst recht mit einem angemessenen Beitrag in Dessau.
Und, nachdem nun der Job „Klimaschutzmanager*in“ neu besetzt wird, sollten wir zeigen, oh ja, in Dessau läuft was, dort zu arbeiten könnte Spaß machen.
Schließlich hat die Bundesregierung die Förderprogramme im Klimaschutz nach unserer Wahrnehmung recht strikt auf die Förderung von Modellprojekten hin orientiert. Dem kann entsprochen werden.
Hier ist der Vorschlag über unser Modellprojekt ausführlich beschrieben.

Passend dazu ein mögliches Zielbild für ein kostenoptimales, dekarbonisiertes und versorgungssicheres Energiesystem in Ostdeutschland. Hier geht es zum Steckbrief/Factsheet zum Projekt Commit to Connect 2050.

Erneutes eea®-Zertifikat für die Stadt – Auszeichnung und Mahnung zugleich – Dessauer Umweltverbände fordern mehr Tempo

Gemeinsame Presseerklärung vom Energietisch Desssau und ADFC Dessau

Dessau-Roßlau, 05.02.2020 Alle reden von Klimaschutz. Aber was bedeutet das konkret? Stadtplanung, Gebäude, Ver- und Entsorgung, Verkehr und Öffentlichkeitsarbeit sind Pflichtaufgaben, mit denen sich Städte auseinandersetzen müssen, wenn sie Klimaschutz vor Ort ernsthaft umsetzen wollen. Die Stadt Dessau-Roßlau hat nach 2015 erneut die Auszeichnung „Europäische Energie- und Klimaschutzkommune in Silber“ knapp verteidigt. Am 05. Februar wurde die Auszeichnung der „European Energy Award-Organisation“ (eea®) im Rahmen einer Stadtratssitzung an OB Kuras übergeben. Lokale Umweltverbände fordern die Auszeichnung in Gold anzusteuern und sehen Defizite bei der Klimaanpassung.

Dessau-Roßlau hat im Rahmen einer erneuten Überprüfung im Bereich Klimaschutz und Energie die Auszeichnung „European Energy-Award“ in Silber knapper als im Jahr 2015 verteidigt. Mitglieder von Energietisch und ADFC Dessau waren zwischen 2015 und 2019 im eea®Energieteam, das die Arbeiten der Stadt vor der Zertifizierung begleitete. „Die Stadt darf die Auszeichnung in Silber erneut drei weitere Jahre führen. Das ist erstmal als positiv zu bewerten“, so Stephan Marahrens vom ADFC. „Aber zum einen ist es nur Silber und zum anderen ist das Ergebnis schlechter als in 2015. Dieser absteigende Trend zeigt, dass Dessau-Roßlau in Sachen Klimaschutz und Energie dringend umsteuern muss“, ergänzt Guido Knoche vom Energietisch. Maßnahmen in vier der sechs Arbeitsfelder erzielen durchweg schlechtere Bewertungen als 2015, der Bereich Stadtplanung verlor im Vergleich sogar ein Fünftel seiner Punkte. „Das sollte niemanden verwundern“, so Knoche weiter: „Mit einem zehn Jahre alten Klimaschutzkonzept lassen sich keine neuen und verlässlichen Akzente in der Planung setzen.“ Lediglich Maßnahmen im Bereich der Ver- und Entsorgung führten zu signifikanten Zugewinnen.
Letzteres sieht Burkhard Petersen vom Energietisch jedoch kritisch: „Allein die seit Jahren überfällige Stilllegung des Kohlekessels durch eine zuletzt fördermittelbegünstigte Gasturbine im DVV-Kraftwerk in 2019, moderne und kundenorientierte Internetportale, oder ein Schwimmbadneubau zeigen bislang noch kein wirkliches Umdenken in der Stadt zu mehr Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien. Auch ein klimatechnisch aufwendiger und teurer Museumsneubau dürfen niemanden in Politik und Verwaltung glauben machen, dass dies ein Schritt sei, die Stadt für die Zukunft zu rüsten“.
„Rückblickend muss anerkannt werden, dass die Stadt trotz der mehrmonatigen Vakanz im Klimaschutzmanagement mit dem zwischenzeitlichen Einsatz eines Klimaschutzkoordinators das Thema auf der Verwaltungsebene in Gang gehalten hat“, so Marahrens. Energietisch und ADFC verbuchen daher die eea®-Auszeichnung der Stadt auf der „Haben“-Seite und empfehlen, den konstruktiven Austausch und die Zusammenarbeit im Energieteam noch stärker auszubauen und in den Mittelpunkt der Öffentlichkeitsarbeit zu rücken.
Die im Herbst 2019 getroffene Entscheidung, für das kommunale Klimaschutzmanagement eine unbefristete Stelle einzurichten, ist daher folgerichtig, müsse aber schnell und fachlich gestärkt in die Tat umgesetzt werden. Das neue Klimaschutzmanagement solle unbedingt dafür sorgen, dass die Maßnahmen im energiepolitischen Arbeitsprogramm in den kommenden Jahren zügig umgesetzt werden. Dazu zählen: Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes, eine Anpassungsstrategie, einschl. einer Analyse von sensiblen städtischen Bereichen und Infrastrukturen, Bestandsaufnahme der Klimagasemissionen, Konzept zur Klimakommunikation und endlich die spürbare Umsetzung des Radverkehrskonzeptes samt Verkehrsentwicklungsplan bis 2035. Burkhard Petersen rät der Stadt aus der Erfahrung früherer Klimaschutzkonzepte, einen Klimaschutzbeirat zu berufen, der die Arbeit des Klimaschutzmanagements unterstützt und politisch trägt. „Das Zusammenwirken von kommunalen Stellen, Stadtratsmitgliedern, Beteiligten der örtlichen Wohnungswirtschaft, der Hochschule, dem Umweltbundesamt, zivilgesellschaftlichen Interessengruppen und den Stadtwerken wird ein wichtiger Impuls für ein zukunftsfähiges Dessau-Roßlau sein.“
Guido Knoche ergänzt: „Dessau-Roßlau wird bis zur Jahrhundertmitte Klimaneutralität erreichen müssen. Das ist die Zielmarke, die Deutschland und Europa jetzt vorgeben – daran führt absehbar kein Weg mehr vorbei.“ Und wenn die Jugendlichen von FridaysForFuture die Stadträte in ihrer Petition auffordern „[…], nicht nur ihre Worte, sondern vor allem Taten sprechen zu lassen und im Zuge dessen einen Nachhaltigkeitsplan zu erstellen, der den Weg Dessau-Roßlaus zur Umweltstadt regelt“, dann ist das richtig und sollte nicht länger nur als gut gemeinter Appell der jungen Menschen missverstanden werden. Sie werden in Zukunft viel Zeit mit Klimaanpassung verbringen müssen.

Kontakt:

Dr. Guido Knoche und Burkhard Petersen
Energietisch Dessau e.V.
g.knoche@energietisch-dessau.de
b.petersen@energietisch-dessau.de

Stephan Marahrens
ADFC Dessau
www.adfc-sachsenanhalt.de
dessau@adfc-sachsenanhalt.de

Kommentar: MZ Artikel 24./26.10.19 „Zahnloser Tiger“ und „Klimaschutzmanager – Keine Mitsprache für Stadträte“

Neues Klimaschutzmanagement jetzt nicht zerreden
Ein Blick ins Jahr 2030: Dessau-Roßlau hat nach schwierigen Jahren eine ungemein positive Entwicklung genommen. Ideenreichtum, Selbstbewusstsein, der Blick nach vorn und ein konstruktives, vertrauensvolles Miteinander prägen das städtische Miteinander. Dessau-Roßlau ist nun auf dem Weg, sich als Modellstadt für Umwelt und Nachhaltigkeit zu etablieren.
Der Anfang dieser Entwicklung war allerdings geprägt von breiten Diskussionen, teils von Kleinmut oder Streiterei.
So auch jetzt in der Frage, welche Befugnisse – und damit verbunden die Vergütung – die neue Klimaschutzmanagerin/ der neue Klimaschutzmanager erhalten soll. Allen Beteiligten ist dabei klar: Die Stadt benötigt eine nicht unerfahrene Persönlichkeit, die sich in einem herausfordernden kommunalen Umfeld thematisch behaupten kann und neben fachlicher Expertise zum Beispiel auch Fähigkeiten in der Prozessgestaltung und der Kommunikation mitbringt. Interessierte für diese Position werden umgekehrt das Aufgaben- und Kompetenzprofil für das Klimaschutzmanagement kritisch prüfen, einschließlich der Stellendotierung. Zurecht: Denn das Arbeitsspektrum ist aller Voraussicht durchaus mindestens dem eines Referenten würdig.
Aber was zeigt nun das Beharren des Oberbürgermeisters auf seiner Entscheidungskompetenz hinsichtlich Aufgabenprofil und Doterierung des neuen Klimaschutzmanagements? Immerhin ließ er im Stadtrat durchblicken, dass man hier nicht über ein Luxusproblem sprechen würde. Mit der neuen Stelle werden daher wohl zunächst lediglich Prioritäten innerhalb der Stadtverwaltung angepasst. Vermutlich genau so weit, wie sensible Begehrlichkeiten von Teilen des Stadtrates und der Verwaltung nicht über Gebühr zurückgestellt werden müssen.
Der Energietisch Dessau empfiehlt: Jetzt politische Realitäten nicht aus dem Blick verlieren und das offensichtlich Machbare nutzen für weitere Schritte. Denn außerhalb des Stadtrates haben Unterstützer eines starken Klimaschutzmanagements sehr wohl wahrgenommen, dass fraktionsübergreifend weite Teile des Stadtrates für ein noch stärkeres Klimaschutzengagement offen sind. Das ist eine sehr gute Basis für die Zukunft. Daher: Das neue Klimaschutzmanagement jetzt nicht zerreden.  

Kommentar: MZ Artikel 25.09.19

Wir haben verstanden

Die im Artikel dargestellten Reaktionen der Vertreter der Städtischen Einrichtungen auf die Beschlüsse der Bundesregierung für die Erreichung der 2030-Klimaschutzziele vom 20.09. hätten nicht vorsehbarer sein können. Allseits Verweise auf Mehrkosten, oder umgekehrt fehlende Lenkungswirkung. Und auch die Mitteldeutsche Zeitung titelte „Das kostet uns Klimaschutz“ in ihrer Wochenendausgabe am 21.09.19. Diese Grundhaltung ist nur in Teilen verständlich, denn die vorgebrachte, betriebswirtschaftliche Perspektive blendet beispielsweise die Frage der Kosten von unterlassenem Klimaschutz aus, vor allem aber die Frage, wie notwendige Veränderungen in unserer Lebensweise – angefangen von der Energiebereitstellung, Konsum- und Mobilitätsverhalten – auch in Dessau angestoßen werden könnten. Kritiker mögen zurecht entgegnen, dass Deutschland nur für rund zwei Prozent der weltweiten CO2-Eissionen verantwortlich ist und daher die Lasten von verstärktem Klimaschutz nicht allein stemmen sollte. Das ist ohne Zweifel richtig. Zugegeben: die Bundesregierung hätte die aktuell große Zustimmung für mehr Klimaschutz nutzen müssen. Und so gibt das vom Bundeskabinett beschlossene Eckpunktepapier wahrscheinlich nur den ausgebufftesten Politprofis des Berliner Betriebs noch Hoffnung, dass Deutschland eine anspruchsvolle umwelt- und klimagerechte Entwicklung nehmen kann. Entscheidungsträger auf der kommunalen Ebene teilen diesen Optimismus in der Regel nur bedingt, da der unmittelbare Alltag konkret doch anders aussieht. Aber warum eigentlich? Hier einen Kontrapunkt vor Ort zu setzen, gemeinsam von Stadt und Bürgerschaft, wäre ein Anfang. Die Grundhaltung in Dessau ist nicht ausschließlich grau: die Veranstaltungen in der europäischen Mobilitätswoche in Dessau – Vortrag zu Mobilität, Straßenkino, die eigens von OB Kuras initiierte Radverkehrstagung, Fahrraddemo, Parking Day auf der Kavallierstraße, der Clean-up-day – haben in ihrer Vielfalt gezeigt, welches Potenzial besteht, sich von der „wir können nicht mehr tun“-Haltung abzuheben. Deutschlandweit und in Dessau hat die Fridays-for-Future-Bewegung die Aufmerksamkeit auf eine der zentralen Gegenwartsfragen gelenkt, nach dem Motto „nehmt ihr uns nicht unsere Zukunft“. Sogar die christlichen Kirchen in Dessau sind mit ihrem gemeinsamen Kirchenläuten für Klimagerechtigkeit zur Mittagszeit am Freitag dem weltweiten Aufruf „Churches-for-Future“ gefolgt. Diesen Impuls sollten Stadtverwaltung und Entscheidungsträger aufgreifen und selbst den Blick auf ihre (Vorbild-)Rolle und Möglichkeiten richten. Auch einmal über das „Machbare“ hinausgehen. Leitbild sollte sein: Umweltstadt Dessau, wie es bereits im Frühjahr von einem Leser eingebracht wurde. Hinsichtlich Klima- und Energiefragen stellt der Energietisch Dessau fest: Dessau fängt nicht bei NULL an. Zwischenzeitliche Erfolge sollten aber nicht darüber hinweg täuschen, dass weiterhin dringender und umfangreicher Handlungsbedarf besteht. Versäumnisse der vergangenen Jahre (z.B. Maßnahmen im Energiepolitischen Arbeitsprogramm aus 2015/2016 wie Klimaschutzkonzept, Emissionsbilanz, Vulnerabilitätsanalyse) müssen zügig aufgearbeitet werden. Der Energietisch fordert daher konkret die zügige und dauerhafte Einrichtung eines schlagkräftigen Klimaschutzmanagements mit weitreichenden Kompetenzen. Das hätte Signalwirkung nach außen: „Wir haben verstanden!“

Veranstaltung: Weniger wäre mehr

Reduktion von Personenverkehr und Gütertransport
= mehr Lebensqualität + effizienter Klimaschutz

Veranstaltung des Energietisch Dessau e.V.
mit Winfried Wolf am Montag, dem 16. September,

in Dessau, Hörsaal Umweltbundesamt  19 Uhr

Hamburg, Hamburger Hafen, Container Frachter
Containerschiff im Hamburger Hafen © Julius_Silver

Spätestens nach den letzten zwei Hitze-Sommer dürfte auch hierzulande klar sein: Die Klimaerwärmung droht in eine Klimakatastrophe umzuschlagen. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Verkehrssektor – und zwar der Personenverkehr ebenso wie der Gütertransport.

Die gängigen Rezepte lauten: Man bräuchte einen Austausch des Antriebs von Pkw, Bussen und Lkw („e-mobility“) und eine Stärkung von öffentlichem Verkehr im Allgemeinen und der Schiene  im Besonderen.

Doch reicht das aus? Der Referent verneint dies. Elektroautos brächten kaum CO-2-Minderung; damit würden vor allem die Städte mit noch mehr Autos zugestellt. Eine reine Verlagerung z.B. des Lkw-Verkehrs auf die Schiene sei bereits rein technisch gar nicht realisierbar. Seine Hauptthese lautet: In erster Linie müssen der Personenverkehr und der Gütertransport deutlich reduziert werden. Ziel sei eine „Verkehrspolitik der drei V“: Verkehre VERMEIDEN, Verkehrs- und Transportwege VERKÜRZEN, verbleibende Verkehre (auf Füße, Pedale und „Öffis“) VERLAGERN.

Die Menschen sind heute nicht mobiler als sie es in den 1970er Jahren waren. Doch sie legen im Jahr fast doppelt so viele Kilometer motorisiert zurück wie damals. Unser Lebensstandard ist heute nicht wesentlich höher als damals. Doch der Lkw-Verkehr hat sich allein seit 1992 verdoppelt. Durch die Zerstörung von „Nähe“, von kleinteiligen Strukturen, durch eine zerstörerische Globalisierung und durch Dumpingpreise im Gütertransport erleben wir eine Verkehrs- und Transportinflation. Es wurden Strukturen entwickelt, die zu einem „erzwungenen Verkehr“ und zu einer immer größeren „Transportintensität“ führten.

Hier muss als erstes angesetzt werden – durch die Reduktion von Verkehr und Transporten. Dies trägt – unter anderem durch weniger Lärm, weniger Gesundheitsbelastung, weniger Stress – auch zu einer höheren Lebensqualität bei. Vor allem ist dies die entscheidende Strategie für wirksamen Klimaschutz. Eine radikale Verkehrswende steht auf der Tagesordnung. Nur auf diese Weise kann die rasante Fahrt in die Klimakatastrophe gestoppt werden. Eine Verkehrswende ist damit Teil einer nachhaltigen und solidarischen Welt, für die wir uns engagieren.

Winfried Wolf ist Chefredakteur von Lunapark21 – Zeitschrift zur Kritik der globalen Ökonomie. Er war 1994 bis 2002 Mitglied des Deutschen Bundestags. Er ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von Attac Deutschland. Im März 2019 erschien: Winfried Wolf, Mit dem Elektroauto in die Sackgasse. Wie die Elektromobilität den Klimawandel beschleunigt (Promedia Wien, 220 Seiten; 17,90 Euro). Im April 2019 neu erschienen: Winfried Wolf, abgrundtief + bodenlos. Stuttgart21, sein absehbares Scheitern und die Kultur des Widerstands (PapyRossa Köln, 380 Seiten; 20 Euro). Im Oktober 2019 erscheint: Bernhard Knierim/Winfried Wolf, Abgefahren. Warum wir eine neue Bahnpolitik brauchen (PapyRossa, Köln, 240 Seiten, 18 Euro).

Veranstaltung: Klimawandel und Klimaschutz in Dessau-Rosslau

Veranstaltung des Energietisch Dessau im Rahmen der langen Nacht der Volkshochschulen

Referent SOLARIMO GmbH (angefragt), Burkhard Petersen –  Energietisch Dessau BBFZ Erdmannsdorffstr. 3   Raum 2.25   Freitag,  20. September 19:30 Uhr bis 21 Uhr

Der Umgang mit den Auswirkungen des Klimawandels soll mit vielfältigen Anknüpfungspunkten an den Lebensalltag in der eigenen Region betrachtet wie auch der Blick in andere Regionen der Welt gerichtet werden. Wie kann eine Beteiligung des Einzelnen und der Kommune zur Erreichung der Pariser Klimaschutzziele aussehen? Wie kann längerfristiges Engagement für Klimaschutz gestaltet werden? Was bedeutet Klimaanpassung? Die aktuelle öffentliche Aufmerksamkeit bietet die Chance, Interesse für dieses komplexe Thema zu wecken, das alle in den kommenden Jahrzehnten beschäftigen wird.
Als konkretes Beispiel in Dessau wird ein Mieterstromprojekt des Dessauer Wohnungsvereins vorgestellt, das mit der SALARIMO GmbH aus Berlin realisiert wurde. Dabei sind Photovoltaik-Module auf dem Dach eines Mietshauses am Leipziger Tor installiert, aus denen Mieter des Hauses auf Wunsch direkt mit Sonnenstrom beliefert werden. Ein kleiner monetärer Vorteil für die Mieter ergibt sich außerdem. Ein hoffnungsvoller Beginn einer neuen Solaroffensive in Dessau, wie wir meinen.