Gemeinsame Presseerklärung vom Energietisch Desssau und ADFC Dessau

Dessau-Roßlau, 05.02.2020 Alle reden von Klimaschutz. Aber was bedeutet das konkret? Stadtplanung, Gebäude, Ver- und Entsorgung, Verkehr und Öffentlichkeitsarbeit sind Pflichtaufgaben, mit denen sich Städte auseinandersetzen müssen, wenn sie Klimaschutz vor Ort ernsthaft umsetzen wollen. Die Stadt Dessau-Roßlau hat nach 2015 erneut die Auszeichnung „Europäische Energie- und Klimaschutzkommune in Silber“ knapp verteidigt. Am 05. Februar wurde die Auszeichnung der „European Energy Award-Organisation“ (eea®) im Rahmen einer Stadtratssitzung an OB Kuras übergeben. Lokale Umweltverbände fordern die Auszeichnung in Gold anzusteuern und sehen Defizite bei der Klimaanpassung.

Dessau-Roßlau hat im Rahmen einer erneuten Überprüfung im Bereich Klimaschutz und Energie die Auszeichnung „European Energy-Award“ in Silber knapper als im Jahr 2015 verteidigt. Mitglieder von Energietisch und ADFC Dessau waren zwischen 2015 und 2019 im eea®Energieteam, das die Arbeiten der Stadt vor der Zertifizierung begleitete. „Die Stadt darf die Auszeichnung in Silber erneut drei weitere Jahre führen. Das ist erstmal als positiv zu bewerten“, so Stephan Marahrens vom ADFC. „Aber zum einen ist es nur Silber und zum anderen ist das Ergebnis schlechter als in 2015. Dieser absteigende Trend zeigt, dass Dessau-Roßlau in Sachen Klimaschutz und Energie dringend umsteuern muss“, ergänzt Guido Knoche vom Energietisch. Maßnahmen in vier der sechs Arbeitsfelder erzielen durchweg schlechtere Bewertungen als 2015, der Bereich Stadtplanung verlor im Vergleich sogar ein Fünftel seiner Punkte. „Das sollte niemanden verwundern“, so Knoche weiter: „Mit einem zehn Jahre alten Klimaschutzkonzept lassen sich keine neuen und verlässlichen Akzente in der Planung setzen.“ Lediglich Maßnahmen im Bereich der Ver- und Entsorgung führten zu signifikanten Zugewinnen.
Letzteres sieht Burkhard Petersen vom Energietisch jedoch kritisch: „Allein die seit Jahren überfällige Stilllegung des Kohlekessels durch eine zuletzt fördermittelbegünstigte Gasturbine im DVV-Kraftwerk in 2019, moderne und kundenorientierte Internetportale, oder ein Schwimmbadneubau zeigen bislang noch kein wirkliches Umdenken in der Stadt zu mehr Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien. Auch ein klimatechnisch aufwendiger und teurer Museumsneubau dürfen niemanden in Politik und Verwaltung glauben machen, dass dies ein Schritt sei, die Stadt für die Zukunft zu rüsten“.
„Rückblickend muss anerkannt werden, dass die Stadt trotz der mehrmonatigen Vakanz im Klimaschutzmanagement mit dem zwischenzeitlichen Einsatz eines Klimaschutzkoordinators das Thema auf der Verwaltungsebene in Gang gehalten hat“, so Marahrens. Energietisch und ADFC verbuchen daher die eea®-Auszeichnung der Stadt auf der „Haben“-Seite und empfehlen, den konstruktiven Austausch und die Zusammenarbeit im Energieteam noch stärker auszubauen und in den Mittelpunkt der Öffentlichkeitsarbeit zu rücken.
Die im Herbst 2019 getroffene Entscheidung, für das kommunale Klimaschutzmanagement eine unbefristete Stelle einzurichten, ist daher folgerichtig, müsse aber schnell und fachlich gestärkt in die Tat umgesetzt werden. Das neue Klimaschutzmanagement solle unbedingt dafür sorgen, dass die Maßnahmen im energiepolitischen Arbeitsprogramm in den kommenden Jahren zügig umgesetzt werden. Dazu zählen: Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes, eine Anpassungsstrategie, einschl. einer Analyse von sensiblen städtischen Bereichen und Infrastrukturen, Bestandsaufnahme der Klimagasemissionen, Konzept zur Klimakommunikation und endlich die spürbare Umsetzung des Radverkehrskonzeptes samt Verkehrsentwicklungsplan bis 2035. Burkhard Petersen rät der Stadt aus der Erfahrung früherer Klimaschutzkonzepte, einen Klimaschutzbeirat zu berufen, der die Arbeit des Klimaschutzmanagements unterstützt und politisch trägt. „Das Zusammenwirken von kommunalen Stellen, Stadtratsmitgliedern, Beteiligten der örtlichen Wohnungswirtschaft, der Hochschule, dem Umweltbundesamt, zivilgesellschaftlichen Interessengruppen und den Stadtwerken wird ein wichtiger Impuls für ein zukunftsfähiges Dessau-Roßlau sein.“
Guido Knoche ergänzt: „Dessau-Roßlau wird bis zur Jahrhundertmitte Klimaneutralität erreichen müssen. Das ist die Zielmarke, die Deutschland und Europa jetzt vorgeben – daran führt absehbar kein Weg mehr vorbei.“ Und wenn die Jugendlichen von FridaysForFuture die Stadträte in ihrer Petition auffordern „[…], nicht nur ihre Worte, sondern vor allem Taten sprechen zu lassen und im Zuge dessen einen Nachhaltigkeitsplan zu erstellen, der den Weg Dessau-Roßlaus zur Umweltstadt regelt“, dann ist das richtig und sollte nicht länger nur als gut gemeinter Appell der jungen Menschen missverstanden werden. Sie werden in Zukunft viel Zeit mit Klimaanpassung verbringen müssen.

Kontakt:

Dr. Guido Knoche und Burkhard Petersen
Energietisch Dessau e.V.
g.knoche@energietisch-dessau.de
b.petersen@energietisch-dessau.de

Stephan Marahrens
ADFC Dessau
www.adfc-sachsenanhalt.de
dessau@adfc-sachsenanhalt.de