Ökostrom macht uns zukunftssicher. Er wird immer wichtiger, da die Nachfrage nach Energie steigt und wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern müssen. Mit dem Ausbau der Anlagen haben wir die Chance unsere Wertschöpfungskette von Energie hier vor Ort zu binden. Treiben wir die Energiewende voran, damit lang- und mittelfristig alle gemeinsam in den Genuss von günstigem Strom kommen! Zusätzlich zu den ökologischen und wirtschaftlichen Vorteilen leistet Ökostrom auch einen wichtigen Beitrag zur Souveränität unserer Stadt und unseres Landes. Indem wir unsere eigene Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen sicherstellen, sind wir weniger anfällig für künftige wirtschaftliche und politische Turbulenzen.

Die Zusammenfassung:

Immer mehr Verbraucher entscheiden sich bewusst für die Nutzung von Ökostrom. Der Bezug von Ökostrom muss zum Ziel haben, dass die Ökostromerzeugungskapazitäten entsprechend erhöht werden. Leider bieten unsere Stadtwerke so einen Ökostromtarif nicht an. Eine bloße Verschiebung der Strommengen auf dem Papier – nach dem Motto: Sie bekommen den „Ökostrom“, andere Kunden dafür entsprechend mehr „Dreckstrom“ – hilft der Umwelt nicht und ist nicht einen Cent Mehrpreis wert. Um den berechtigten Vorwurf eines Ökostrom-Schwindels zu entkräften und umweltbewusste Kunden zu gewinnen, ist es entscheidend die Zusätzlichkeit der Ökostromerzeugung zu gewährleisten. Seriöse Ökostromlabels verlangen den Nachweis dieser Zusätzlichkeit. Ein reiner Herkunftsnachweis ohne diese Zusätzlichkeit ist dagegen wertlos. Die Stadtwerke sollten sich verpflichten, die Mehreinnahmen aus ihrem Ökostromtarif direkt in neue energieerzeugende Anlagen vor Ort zu investieren. Die Eigenbetriebe der Stadt werden Kunden dieses Ökostromtarifes und fördern somit den Ausbau der Unabhängigkeit der Stadtwerke Dessau.

Die Begriffsklärungen:

Ökostrom, Naturstrom oder Grünstrom sind keine geschützten Bezeichnungen und es gibt keine einheitliche Definition des Begriffs. Entsprechend unterschiedlich können Ökostromtarife sein. Wie ökologisch sinnvoll der Bezug von Ökostrom tatsächlich ist, hängt stark von den Tarifoptionen der Stromanbieter ab. Allen gemeinsam ist, dass sie Ökostrom aus 100 % erneuerbaren Energien anbieten.

Unter Graustrom (polemisch auch: Dreckstrom oder Egalstrom) versteht man elektrische Energie unbekannter Herkunft. Graustrom enthält Energie aus fossilen Energieträgern und Kernkraftwerken, kann aber auch Strom aus erneuerbaren Energiequellen ohne Herkunftsnachweis enthalten.

Der Gesamtstrommix enthielt in Deutschland im letzten Jahr 44% Ökostrom.

Das Problem:

Ökostrom sollte nur dann so genannt werden, wenn er aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Leider versteht sich das nicht von selbst, denn die Stromanbieter können Herkunftsnachweise für Ökostrom aus dem Ausland einkaufen und damit gewöhnlichen Graustrom an der Strombörse als 100 % Ökostrom verkaufen. Bietet ein Stromversorger sowohl Ökostrom als auch Graustrom an, bedeutet dies in der Regel, dass es aus ökologischer Sicht keinen Unterschied macht, ob ein Verbraucher von diesem Anbieter Ökostrom oder Graustrom bezieht. Dies liegt daran, dass dem Verbraucher bei Ökostrombezug – für einen meist höheren Preis – auf dem Papier ökologisch günstigere Kraftwerke zugeordnet werden, dass dadurch aber die Zusammensetzung des Graustroms für alle anderen Verbraucher entsprechend ungünstiger wird, weil sich am gesamten Strommix des Anbieters nichts ändert. Das Problem lässt sich vermeiden, wenn der Anbieter die Zusätzlichkeit der Ökostromerzeugung nachweist. Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass er den Bau neuer Anlagen aktiv fördert – etwa mit einem festen Betrag pro Kilowattstunde. Auf der sicheren Seite ist der Verbraucher jedoch, wenn er einen Anbieter wählt, der ausschließlich Ökostrom verkauft. (Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass dazu aus rein physikalischer Sicht das Kraftwerk ganz in der Nähe des Verbrauchers seinen Ökostrom herstellen muss, da der Strom sich immer den kürzesten Weg durch das Netz sucht.)

Kunden der Stadtwerke Dessau haben zwar die Möglichkeit, einen Naturstromtarif zu wählen, der ökologische Nutzen und der direkte Beitrag zur Energiewende scheinen aber nicht besonders groß zu sein, denn es lässt sich der Verdacht nicht ausräumen, dass hier für den Kunden lediglich Strom umetikettiert wird. Es heißt: „garantiertes Ökostromprodukt durch die Zertifizierung mit dem First Climate-Gütesiegel“ https://www.dvv-dessau.de/produkte/dessau-strom/

Die Vertreiberfirma First Climate Markets AG schreibt selbst auf ihrem Internetauftritt über sich: „First Climate verfügt über langjährige Erfahrung beim Handel mit internationalen Grünstrom-Herkunftsnachweisen. Wir arbeiten eng mit RECS International zusammen, dem Zusammenschluss der wichtigsten Marktteilnehmer in diesem Bereich. […]Grünstrom-Herkunftsnachweise – der einfachste Weg zu sauberem Strom: […] Mit unserem Partnernetzwerk internationaler Energieerzeuger liefern wir Ökostrom auf Basis von Grünstrom-Herkunftsnachweisen ganz bedarfsgerecht, in allen gängigen Qualitäten und zu besonders attraktiven Konditionen. […] Für die meisten Unternehmen ist der Kauf von Herkunftsnachweisen (engl. = Energy Attribute Certificates – EACS) die einfachste und kosteneffizienteste Lösung, um energiebedingte Treibhausgasemissionen schnell und einfach zu senken.“ https://www.firstclimate.com/gruenstrom-herkunftsnachweise

RECS bzw. EACS ist dabei kein Ökostrom-Siegel, sondern zertifiziert die Produktion und den Handel mit Strom – es ist ein Herkunftsnachweis für Strom aus erneuerbaren Quellen, also auch beispielsweise aus Wasserkraftwerken, die bereits seit vielen Jahren in Betrieb sind. Für jede produzierte Kilowattstunde erhält der Kraftwerksbetreiber ein RECS-Zertifikat ausgestellt, das dem Strommarkt zur Verfügung gestellt wird. Stromhändler, die eigentlich grauen Massenstrom liefern, können diese preiswerten RECS-Zertifikate kaufen und ihren Atom- oder Kohlestrom damit umlabeln – und als „Ökostrom“ ihren Ökokunden verkaufen, obwohl weiterhin fossiler Strom geliefert wird. Im Gegenzug erhält der im Wasserwerk eigentlich umweltfreundlich erzeugte Strom jetzt ein Graustrom-Etikett.

Da die Stadtwerke ein Stromversorger sind, der sowohl Ökostrom als auch Graustrom anbietet, muss man davon ausgehen, dass es aus leider aus ökologischer Sicht keinen Unterschied macht, ob ein Kunde Naturstrom oder Graustrom bezieht. Es ist nicht auszuschließen dass dem umweltbewussten Kunden im Tarif „Dessau-Strom-Natur“ für den Mehrpreis lediglich auf dem Papier ökologisch günstigere Kraftwerke zugeordnet werden, dass dadurch aber die Zusammensetzung des Graustroms für alle anderen Verbraucher entsprechend ungünstiger wird, weil sich am gesamten Strommix der Stadtwerke nichts ändert. Dieses Problem wird vermieden, wenn die Stadtwerke die Zusätzlichkeit der Ökostromerzeugung nachweisen oder gar komplett und ausschließlich Ökostrom herstellen würden.

(Der Vollständigkeit halber sei hier auch aufgeführt dass derzeit ein Teil der Mehrausgaben des Kunden dem Bergwaldprojekt e. V. zugute kommen, der überall in Deutschland Naturschutzaktionen durchführt. Laut TÜV-Zertifikat vom 21.6.2023 garantiert die Produktvariante „Naturstrom Wasser und Wald“ einen Förderbeitrag von 2Ct/MhWh bzw. mind. 250€ p.a./Kunde für den Bergwaldprojekt e.V. Dabei flossen 43% der Ausgaben des Vereins im Jahr 2020 in einzelne Naturschutzprojekte.) https://de.wikipedia.org/wiki/Bergwaldprojekt // https://www.firstclimate.com/gruenstrom-naturstrom-komplettpakete?lightbox=dataItem-l50uxq2b

Die Idee:

Für die Stadtwerke ist daher der Tarif „Dessau-Strom-Natur“ tatsächlich klimafit zu machen. Lassen wir die Zertifizierung weg und das stecken das eingesparte Geld gemeinsam mit 0,5ct/kWh (besser: 1ct je verbrauchter Kilowattstunde) direkt in neue Anlagen regenerative Energien (deren Investition ggf. sonst kommerziell nicht ganz so attraktiv erscheint). Zusätzlich kann im zweiten Schritt auch über Direktvermarktungsmodelle von Ökostrom nachgedacht werden.

Ein jährlicher Transparenzbericht der Stadtwerke an alle Kunden per E-Mail, der Investitionen und Erträge dieser und aller anderen Anlagen Erneuerbarer Energien der Stadtwerke, Kundenanzahl des Tarifs, Gesamtverbrauch der Ökostromkunden sowie die Verwendung der Mehreinnahmen durch den neuen Tarif aufführt.

Oder (wenn dies zu kompliziert erscheint) sich um das OK-Power-Label bemühen, denn hier wird geprüft, ob zusätzlich durch die Verbraucher in den Ausbau der Erneuerbaren Energien investiert wird.

Außerdem werden sämtliche städtischen Eigenbetriebe medienwirksam Kunde dieses Stromtarifs: Die finanziellen Mehrausgaben sind überschaubar und v.a. nachvollziehbar, denn die Mehrausgaben der Eigenbetriebe verbleiben in der Stadt. Es werden mehr Anlagen Erneuerbarer Energien installiert, die mehr Ökostrom ins Netz geben, welches mittelfristig den Strom für alle günstiger macht und ein wirtschaftlicher Vorteil ist. Zudem werden weitere potentielle neue Privatkunden gewonnen, die zuvor auf „echten“ Ökostrom bestanden haben und diesen nun auch von den Stadtwerken bekommen können und dabei jetzt gleichzeitig ihre auch ihre Stadt bzw. Region unterstützen. Die Umsetzung dieses Tarifs könnte mit der Abnahme durch die Eigenbetriebe einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des European Engergy Award leisten, welchen die Stadt beim letzten Mal nur noch knapp erreichen konnte. Außerdem sollte den Stadtwerken nahegelegt werden, dass sie die Option Ökostrom als neuen Standard einrichten: Studien haben gezeigt dass die Energiewende schneller gelingen würde, wenn alle Bewohner einer Stadt „grünen Strom“ als Standardoption von ihren Stadtwerken als Grundtarife angeboten bekommen. https://www.ee-news.ch/de/erneuerbare/international/article/45788/default-effekt-haushalte-und-unternehmen-fragen-mehr-erneuerbaren-strom-nach-wenn-er-standardmassig-angeboten-wird